07.12.2004–16.01.2005

Daniela Zimmermann Fokus-Preis 2004

Daniela Zimmermann (*1977 in Glarus, lebt und arbeitet in Zürich) hat letztes Jahr für ihre Arbeit den Ausstellungspreis des Glarner Kunstvereins bekommen. Ihre Arbeit bestand aus sechs speziell gefalteten mit (technischen) Zeichnungen versehenen Kleidungstücken, die auf unprätentiöse Art auf dem Boden platziert waren. Die Jury schätze das überraschende Moment dieser Arbeit, welche den Spagat zwischen Mode und Kunst wagt. Daniela Zimmermann benutzte die Kleidungsstücke als Träger für weitere Bearbeitung und enthob diese somit ihrer Funktion als Körperhüllen. Die gefalteten Objekte weckten unter anderem Assoziationen an selbstbeschriftete Teenager-Kleider und japanische Falt- und Verpackungskunst.
Diese prämierte Arbeit repräsentiert die Interessen, Recherchen und Arbeitsmethoden von Daniela Zimmermann, Absolventin der Fachklasse für Textildesign an der HGK Luzern und der Central Saint Martin’s in London, auf exemplarische Weise. Sie sucht in ihrer Arbeit die Verbindung von Mode, Textildesign, technischer Entwicklung und – in jüngster Zeit auch – Kunst. So hat sie im Bereich der Mode an einer Kollektion von Tran Hin Phu (CH), sowie an der Prêt-à-Porter Show von Bernhard Willhelm (Paris, Oktober 2003) mitgearbeitet und war massgeblich an der Konzeption und Produktion der Installation Ghosts mitbeteiligt, die der Künstler Olaf Breuning mit dem Designer Willhelm geschaffen hat. Im Rahmen eines Projektes an der ETH Zürich (Institut für automatisierte Produktion) hat sie wissenschaftliche Experimente mit einem Stofflasercutter durchgeführt und wurde für ihre Arbeiten im Bereich Design und Entwicklung dieses Jahr mit dem Förderpreis der Wilhelm Lorch Stiftung (D) ausgezeichnet.
Die Installation, die Daniela Zimmermann für ihre Fokus-Ausstellung im Kunsthaus Glarus geschaffen hat, ist das Ergebnis – oder vielmehr ein Zwischenergebnis innerhalb eines offenen Prozesses – ihres beruflich weiten Horizontes und ihres experimentellen Umgangs mit Textilien. Inhaltlich setzt ihre Arbeit klar bei den Textilobjekten des letzten Jahres an. Seit längerer Zeit befasst sich Daniela Zimmermann mit dem Thema des Fliegens. Sie interessiert sich dabei nicht nur für Bewegungen und Zustände im Element Luft – wie das Abheben, Schweben, Abstürzen oder den Freien Fall –, sondern assoziiert damit auf einer metaphorischen Ebene auch das Auf- oder Abtauchen (in eine andere Welt oder in einen anderen Zustand), das Hinter sich lassen (von allem Bestehenden), das Loslassen (von sicheren Werten). Kein Zufall also, dass sie in ihren Arbeiten oft Ausschnitte aus technischen Plänen von Fluggeräten verwendet. So waren z.B. die abstrakten Ornamente auf den Kleidungsstücken in der letztjährigen Ausstellung in Wirklichkeit technischen Zeichnungen von Fallschirmen nachempfunden. Ähnliche Zeichnungen finden sich auch auf ihrer aktuellen Arbeit im Kunsthaus, eine «Kapsel», die vielleicht am ehesten an ein Flugobjekt aus den Romanen Jules Vernes erinnern könnte. Es besteht zur Hauptsache aus einer Hülle aus verschiedenen Textilschichten, zwei Winterschutzfliese und eine Rettungsdecke aus PET-Folie, welche Daniela Zimmermann experimentell bearbeitet und grossflächig bezeichnet hat.
Sowohl die gewählten Materialien, deren Funktion es ist zu schützen oder als rettende Massnahme eingesetzt zu werden, wie auch der für die Ausstellung gewählte Titel Thin Air in Your Private Sky drücken die dem Thema innewohnende Ambivalenz aus: Die Fähigkeit zu Fliegen ist ein Urwunsch des Menschen und dieser ist in seiner Vorstellung mit dem Erreichen einer absoluten Freiheit verbunden. Allerdings wünscht man sich diese absolute Freiheit unter den Bedingungen maximaler Sicherheit – ein Paradox, denn Freiheit erlangt man kaum ohne hohe Risiken dafür einzugehen. Daniela Zimmermann spielt hier ein assoziatives Spiel rund um die Idee des Fliegens und materialisiert diese in einem schwer zu definierenden Objekt, dass aus einer anderen Welt oder aus einer anderen Zeit zu kommen scheint, deren visuelle Sprache aber klar auf unsere aktuelle Lebenswelt verweist.
Am 14. Januar wird die Breakdance Formation Shogun eine eigens für die Ausstellung konzipierte Choreographie aufführen und mit ihrem Tanz und ihrer körperlicher Energie einen neuen Aspekt in die Ausstellung hineinbringen.

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