Gustav Schneeli wurde 1872 in Zürich geboren, in eine wohlhabende Familie mit Glarner Abstammung. Er studierte Kunstgeschichte bei Jakob Burckhardt in Basel, wurde um 1900 als Attaché der Schweiz in Rom berufen und begann ein Jurastudium um sich auf den diplomatischen Dienst vorzubereiten. Ab 1905 widmet er sich vermehrt einem anderen Interesse – der Malerei. Er lebte und arbeitete in München, Paris und Rom, wo er eine künstlerische Bildsprache entwickelte, die vom Symbolismus und Impressionismus beeinflusst war. Nach Kriegsbeginn lebte er in der Schweiz auf Schloss Vuippens im Kanton Fribourg. Im Kunsthaus Glarus befinden sich ungefähr 144 Arbeiten, entstanden zwischen 1900 und 1940, in erster Linie Malerei und Zeichnungen aus der Hand von Gustav Schneeli. Dazu kommen Porträts von anderen Künstlern aus dem Familiennachlass.
Mehrere Jahre hatte ich mich dem Studium der alten Kunst gewidmet, wobei ich begriff, dass wahre Einsicht doch wohl nur dem schaffenden Künstler gewährt sei, weshalb ich mich schon damals um die Kunst schaffend bemühte. Ich bezog aber erst 1908 die Münchner (sic) Akademie in dem Wunsche meinem Kunstbestreben eine feste technische Grundlage zu verschaffend, die es mir später erlauben würde, frei zu walten und Überwundenes wegzuwerfen mit dem Bewusstsein, dass es wirklich durchgekämpft und wirklich überwunden sei. Denn, dass heute Viele sich und andere darüber täuschen als verzichteten sie freiwillig und bewusst, was sie doch nie besessen haben, war mir von vornherein klar.
Meine Schule stand wohl ganz im Zeichen des Impressionismus, zu dem mich mein Auge hinzog und dessen Reizen ich wohl sehr unterlag. Aber ich empfand, dass der Impressionismus seine besten Blüten getrieben hatte und dass Alles weitere in dieser Richtung Epigonentum oder Manier sein würde, da eine neue Sehnsucht unsere Zeit in andere Bahnen zieht. Überdies fühlte ich, dass das impressionistische Bild ein Dasein für sich führt, im Gegensatz und ohne Beziehung zur Wand, oder zum Raum, den es schmücken soll und deren Rechte ich höher einschätze als die des artistischen Tafelbildes.
Mich zog die Fläche an, die es nicht durchlöchern, sondern einheitlich und fest zu gestalten gilt. Der moderne Idealismus in der neuesten Kunst, wie […] er uralte Probleme in naiver Überhebung für neueste Erkenntnisse zu halten gewillt ist und deshalb etwas blutleer Theoretisches hat, kam mir als Befreier dennoch entgegen. Der Bruch mit dem Naturalismus vollzog sich leichter und das, was in Jahren der Betrachtung in mir gereift war, wurde geboren - wie ich hoffe nicht als abstrakte Schemen, sondern in feste und notwendige Formen gefasst. Nicht der Gedanke, sondern die Empfindung gab dieser Form die Grundlinie. Ein starkes Gefühl sollte sich über die Fläche rhythmisch verbreiten, sie mit seinem Inhalt erfüllen und vergeistigen, nicht aber sie zerreissen und durchbrechen. Ich glaube an eine neue Raumkunst, der die Malerei der Zukunft dienen wird. Die Bilder werden dann nicht beliebig zusammenzuwürfelnde Sammelobjektes ein, die in scheckigen Räumen vereint werden, sondern das Bild wird ein Bestandteil des Raumes, für den es gedacht und in den es unlöslich gefügt ist.
Das Bildnis allein scheint mir hier einen andern (sic) Weg gehen zu sollen. Das Geistige der Persönlichkeit ist hier das Grundmotiv, nicht ihre dekorative Linie. Deshalb will ich im Bildnis schlicht sein, selbst im Umriss, und nehme von den Reizen des Stofflichen nur so viel hinein, als der Geistigkeit der Erscheinung als Verstärkung und Folie dienen kann, ohne sie zu verwischen. Mir scheint, dass in jeder Kunst nur das handwerklich still und bescheiden Gewachsene das Wahre ist. Jedes Kunstwerk muss seinem Sinn und Zweck entsprechen und der Künstler muss bescheiden sein, wenn er dies erreichen will. Inhalt und Zweck der Bildnisse aber ist der Mensch, Hauptsache seine tiefe geistige Wesenheit, weniger die Zufälligkeit seiner äusseren Erscheinung, welche zu Unrecht oft zur Hauptsache gemacht und karikaturenhaft herausgearbeitet wird. Ich habe den Wunsch, im Bildnis zurückzutreten vor der geistigen Persönlichkeit des Dargestellten welcher in diesem Falle die Ehre gebührt, wenn sie das Bild erfüllt und sogar über seinen Rahmen lebendig hinauswächst.
Gustav Schneeli (Zentralbibliothek Zürich, Nachlass Paul Ganz, 67.6), zitiert nach dem Sammlungskatalog zur Sammlung Gustav Schneeli, hrsg. vom Kunsthaus Glarus, Glarus, 1995
Der Nachlass Gustav Schneeli befindet sich heute im Kunsthaus Glarus, das durch seine Unterstützung gebaut werden konnte.
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