05.12.2010–17.01.2011

Ingrid Käser Fokus-Preis 2010

Ingrid Käser (*1976 in Schlieren, aufgewachsen in Glarus, lebt und arbeitet in Zürich) ist die Preisträgerin des Fokus-Preises, der 2009 vom Glarner Kunstverein vergeben wurde. Die Jury zeichnete die Künstlerin für ihre vielschichtige Inszenierung aus Zeichnungen, textilen Strukturen und einer Tonspur in der letztjährigen Kunstschaffen-Ausstellung aus. Für die diesjährige Fokus-Ausstellung im Schneelisaal des Kunsthaus Glarus entstand ein neuer Werkkomplex mit Zeichnungen und Skulpturen mit dem Titel Berggeister. Die Ausstellung in ihrem Heimatkanton nimmt die Künstlerin zum Anlass, sich mit der Landschaft und dem weitgefächerten Thema des Berges und seinen Sagen und Mythen auseinander zu setzen. Sie arbeitet dafür erstmals mit dem Material Filz, aus dem sie einzelne Teile für die Berggeister-Skulpturen herstellt. Parallel dazu zeigt sie auch eine neue Zeichnungsserie.

Die Beschäftigung mit dem Heimatkanton, der mythischen Bergwelt und den geheimnisvollen Berggeistern hat sowohl nostalgischen als auch augenzwinkernden Charakter. Die drei kuscheligen Berggeister strahlen eine rätselhafte Ruhe aus. Ihre Füsse und Gesichter bestehen aus dem handgefertigten, robusten sowie wärmenden Filz. Es sind liebenswürdige Geister, die im Ausstellungsraum zu schweben scheinen. Sie sind präsent, haben jedoch eine unscheinbare Gestalt. Der für diese Arbeit erforderliche Prozess des Filzens ist sehr zeitintensiv und erfordert vollen körperlichen Einsatz von mehreren Personen. Durch Walzen von Wollfaserschichten entsteht ein textiles Flächengebilde, indem sich die einzelnen Fasern verhaken und verschlingen und zu einem dichten Geflecht werden. Ingrid Käser nutzt den Filz nicht ohne ironische Hintergedanken, kann er doch durchaus mit gesellschaftlichen Strukturen assoziiert werden. Mit dieser Arbeit knüpft sie an ihre Beschäftigung mit geflechtartigen, textilen Strukturen wie etwa Häkelinstallationen an. Ein anderes Grundthema ihrer Arbeit ist der Austausch mit anderen Menschen, den sie auch mit ihrem Büro des Voeux oder den Herztausch-Aktionen umsetzt.

Das Zeichnen ist ihr ein ständiger Begleiter und Fixpunkt, in dem sie verschiedene Themen reflektiert. Für die Fokus-Ausstellung ist eine neue Serie entstanden, in der sie das Thema des Berges assoziativ angeht und sowie innere als auch äussere Bilder verarbeitet. Es spiegelt sich hier auch Ingrid Käsers Vorliebe fürs Absurde und das Sich-Treiben-Lassen. Sie verwertet aber auch Erlebtes, allgemein Bekanntes aus Filmen, Büchern oder den Medien. Auch hier entstanden Bildgeflechte, in denen die Arbeitsprozesse oft sichtbar bleiben. Meist zeigen sich Übermalungen und Schichtungen, die eine prozesshafte Suche nach dem Bild enthalten und auch Umwege und Scheitern kein Tabu darstellen. Ornamenthafte Repetitionen und Abstraktionen auf dem leeren Blatt fügen sich zu subjektiven Kartographien, die auf innere Denkprozesse und Erkenntnisvorgänge verweisen. Die unkonventionellen Formate und die Präsentation auf dunklem Hintergrund, einem schwarzen Loch, ungerahmt, direkt auf der Wand haben einen punkigen Do-it-Yourself-Charakter, betonen das Unvollkommene und Unmittelbare. Das schwarze Loch verweist auch auf ein Interesse am Umgang mit der Leere, die sich etwa auch beim Häkeln immer wieder zeigt. Die Zeichnungen sind in ihrer Vielteilig- und Vielfarbigkeit fast schon ein Gegenpart zu den in sich gekehrten Berggeistern und zeigen eine inhaltlich komplexe Auseinandersetzung mit dem Thema des Berges.

(Unterstützung)

KUNSTHAUSGLARUS signum SMALL 11 12 10 9 8 7 6 5 4 31 2 1