6.2. – 1.5.2011
Livingroom Exotica
Die Gruppenausstellung bringt acht schweizerische und internationale Positionen zusammen, die sich mit kolonialgeschichtlich konnotierten Objekten und ihrer Integration in bürgerliche Alltagskulturen beschäftigen. Sammlungen von Exotica haben eine lange und sich immer noch wandelnde Tradition, von machtvoller Repräsentation bis fetischistischer oder banal-kitschiger Dekoration. Der Besitz eines exotischen Objektes bedeutete in früheren Zeiten ein imaginärer Zugang zu einer anderen Welt und war Zeichen von Wissen, Macht und Reichtum des neuen Besitzers. Fast immer geht es um die Faszination des Fremden, Wilden und Ursprünglichen. Exotica rufen beim Betrachter den romantischen Schauer einer aufregend-mysteriösen Andersartigkeit hervor. Wesentliche Strömungen innerhalb der Kunstgeschichte, insbesondere der Primitivismus im 20. Jahrhundert, liessen sich von dieser Faszination inspirieren. Gleichzeitig gibt es, seit Claude Levi-Strauss‘ «Wildem Denken» und «Traurige Tropen», einen Diskurs über den Wandel im Kontakt mit der westlichen Kultur. Heute stellt sich unter dem Stichwort der Globalisierung sogar die Frage, ob vermarktete und instrumentalisierte Artefakte überhaupt noch Authentizität vermitteln können. Die Grenzen zwischen authentischem kulturellen Erbe und Touristenkitsch verschwimmen zunehmend. Massenproduzierte Exotica, heute vielfach im zeitgenössischen Interiour Design verwendet, evozieren eine «Back to the Roots»-Atmosphäre und beinhalten teilweise eine latente Zivilisationskritik.
Wenn sich Künstlerinnen und Künstler mit diesem Thema beschäftigen, dann geht es um alternative Sichten auf das Verhältnis zwischen Kulturen und ihren Objekten. Eher spiegeln sie eine mehrfach gebrochene Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, vielfältige Referenzen auf die Kunstgeschichte oder eine Kritik der bürgerlichen Rezeptionsgeschichte. Fast alle Arbeiten in der Ausstellung beschäftigen sich auf sehr persönliche Weise mit kolonialen Einflüssen in der westlichen Kultur. Gleichzeitig können sie mit ihren vielfältigen Referenzen aus der Kunst- und Rezeptionsgeschichte in einen erweiterten post-kolonialen Diskurs eingegliedert werden. Die Künstlerinnen und Künstler nutzen die bedeutungsgeladenen Objekte und Gegenstände wie Teppiche, Vasen, Masken, Schmuckstücke, Karten oder Pflanzen, wie sie beispielsweise während Eroberungsreisen etwa als Trophäen und in der Gegenwart als touristische Erinnerungsstücke gesammelt wurden, als Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit bourgeoisen Repräsentationsmechanismen und Identitätskonstruktionen. Dabei referieren sie eher auf das Zitat als auf das Original und konzentrieren sich teilweise sogar auf das formale Zitieren und Stilisieren von Objekten und Stereotypen. Bei allen Werken changieren die Objekte zwischen den Polen kultureller Ursprünglichkeit und bürgerlicher Repräsentationsästhetik.