7.4. – 10.6.2001
Paul Pfeiffer
Die Arbeiten des 1966 in Honolulu geborenen Künstlers Paul Pfeiffer kreisen um den Ort individueller Identität im Spektakel der Massenmedien und die Variationen der Verwischung, Manipulation und Auslöschung von Identität in den medialen Repräsentationstechnologien. Paul Pfeiffer arbeitet, immer mit dem Ansatz digitaler Technologien, in einem breiten Spektrum von Techniken der Realisierung seiner Bildwelten in Fotografie, Video, Installation und Plastik.
Seine Bildressourcen sind das Kino, das Fernsehen oder Fotoserien von Berühmtheiten, wobei er legendäre Sportaufzeichnungen, Kinofilme oder Medienbilder benutzt, die ihm ermöglichen, zugleich von der medienkonstruierten Identität der Stars wie der der Fangemeinde oder Konsumenten zu sprechen.
In einem aufwendigen Verfahren digitaler Bildbearbeitung, in der Bildmaterial restrukturiert, multipliziert und manipuliert wird – eine zweieinhalbminütige Videosequenz kann an die vier Monate Arbeit in Anspruch nehmen – reduziert der Künstler sein Ausgangsmaterial auf zentrale Bilder, die er aneinandergereiht und in der Zeit ausgebreitet zu einer dramatisierten Filmsequenz auf kleinen LCD Playern präsentiert oder aber miniaturisiert oder monumentalisiert in Plastiken oder Fotografien übersetzt. Pfeiffer stellt so religiös anmutende, voyeuristische oder ideologisierte Momente medialer Realität als psychoaktive Szenarien unserer Wirklichkeit frei.
In John, 3:16 (2000) etwa überlagert er die Evokation christlicher Symbolik über den Titel - und damit die Christusfigur – mit einem Sportevent: Ein roter Basketball dreht sich aufgeregt in der Mitte des Bildes. Der Film entstand aus mehr als 5000 Videostills, die Paul Pfeiffer aus den Aufzeichnungen der NBA Spiele von 1995-96, zu denen die Legende Michael Jordan wieder in das Basketballteam zurückkehrte, digital «destilliert» hat. Nur selten sieht man die Silhouette einer manipulierten Hand im Filmfenster, das die Aktivität der Spieler, die Spannung des Spiels und den Mythos des Basketballs anwesend sein lässt als hypnotisierendes Vibrieren um den «göttlichen» Ball oder um das globalisierte Spektakel der Götter des Sports. Michael Jordan steht als Legende, aber auch als Konglomerat einer marktgesteuerten Identität aus Werbeträgerwirklichkeit, Medienstar und vereinnahmbarer Ikone auch im Zentrum eines weiteren Filmes von Paul Pfeiffer: «Fragment of a Cruxifixion (After Francis Bacon)», 1999, ist die digitale Montage und Multiplikation eines Begeisterungsausbruch des Spielers und zeigt diesen als monströsen Akt aus Opfergeste, Mechanisierung, Verfremdung und eigentlicher Kreuzigung durch die Medien. In anderen Arbeiten löscht Pfeiffer die Ikonen aus bekannten Bildsequenzen oder Fotografien aus und überlagert so die mediale Manipulation der Stars mit der Manipulation der Betrachter, indem er diese ins Zentrum rückt. In The Long Count (I Shook up the World), ein Video, das auf Bildmaterial der legendären Boxkämpfe von Muhammad Ali in den USA, den Philippinen und dem ehemaligen Zaire basiert, radiert er die Boxkämpfer digital aus und macht die Figuren sichtbar als geisterhafte Manipulatoren der Bewegungen und Emotionen des Publikums. In 24 Landscapes (2000) wurde Marilyn Monroe aus der berühmten Fotosession Bert Sterns ausradiert. Übrig bleiben der Blick auf romantisch anmutende Landschaftsaufnahmen, eigenartige kräuselnde Wellen, die die Ikone gebrochen hatte, irritierende Sandformationen und die Unschärfen eines imaginierbaren Objektes.
Im Kunsthaus Glarus stellt sich Paul Pfeiffer mit dieser Fotoarbeit und einer neuen Videoplastik Race Riot vor, die wiederum den Sport ins Zentrum seiner Bildproduktion rückt. Er zeigt mit den beiden Arbeiten das Subjekt in den Medien im Spannungsfeld von dem, was nicht gesehen werden kann, aber das kulturelle Spektakel strukturiert, und dem, was allzu sichtbar ist. Im Spannungsfeld von dem also, was als überhöht Anderes dargestellt wird und gleichzeitig als passives Produkt den Manipulationen der Technologien ausgesetzt ist.