21.04.–23.06.2002

Graeme Todd Space Is Deep

Der schottische Künstler Graeme Todd ist in den letzten Jahren durch seine innovative und frische Umsetzung eines der traditionsreichsten Themen der Malerei – Landschaft – aufgefallen. Das Kunsthaus Glarus freut sich mit Space is Deep die bisher wichtigste Einzelausstellung Graeme Todds ausserhalb Grossbritanniens zu präsentieren.

Seit Jahren beschäftigt sich der Künstler (*1962 in Glasgow, lebt und arbeitet in East Lothian) mit Landschaft, mit Raum im weitesten Sinne, ohne dass seine Werke als reine Landschaftsdarstellungen bezeichnet werden könnten. Ausgehend von Ölmalerei, die in den frühen 90er-Jahren noch starke Referenzen an die Landschaftsmalerei eines Gustave Courbet aufwies, entwickelte Graeme Todd seine Arbeit hin zu einer spontaneren, fragmentierten Zeichen- und Malweise auf Schichten industrieller Lacke. Dabei schuf er eine innovative Bildsprache, deren Spannung durch die Kombination zweidimensionaler Kompositionen mit der Schichtung linearer und flächiger Elemente entsteht.
Die figurativen Zeichen in Todds Bildern – ein Balanceakt zwischen Abstraktion und Figuration – verweisen meist auf Landschaftsfragmente mit kunsthistorischen oder touristischen Referenzen: Gemälde und Zeichnungen vergangener Epochen, eigene Fotografien und Erinnerungen, Postkarten und Souvenirs mit touristischen Motiven können dem Künstler als Bildquelle dienen. Insbesondere spielt die Kunst der deutschen Altmeister, der Romantik und die ostasiatische Tuschzeichnung in Todds Malerei eine Rolle. Mit Pinsel und Filzstift fügt er collageartig Zitate aus Kunst und Alltag zu einem Ganzen und verbindet diese in den Lackschichten, deren Verwendung in seinen Bildern er mit Bernstein verglichen hat, der eine Fliege umschliesst: Landschaftszeichen verschiedenster zeitlicher und medialer Herkunft werden darin konserviert und simultan erfahrbar.
Obwohl die Bilder Todds aus dem Fundus der Kunstgeschichte schöpfen, sind sie durch ihre formale Umsetzung sowie durch das Offenlegen des Prozesses der Konstruktion räumlicher Illusion klar in der Gegenwart verankert. Trotz der verführerischen Materialität der Bildoberfläche und der faszinierenden Plastizität der Bilder, wird dem Betrachter eine träumerisch versunkene Anschauungsweise der Werke verweigert: Abstrakte Elemente wie vertikale Streifen, die über die Bildmotive gelegt werden, üppige ornamentale Kringel und Girlanden oder eine obsessive Ansammlung von Punkten, die im Aufbau der Landschaftsdarstellung keine unmittelbare Funktion haben, werfen den Betrachter auf sich selbst zurück und zwingen ihn zu einer aktiven Rezeptionsleistung. Sie stören die illusionistische Raumkonzeption, lenken den Blick auf die Oberfläche und machen auf die Diskordanz von Bildinhalt (Landschaft) und Gesamtbild aufmerksam.
Die Ausstellung „Space is Deep“ im Kunsthaus Glarus präsentiert grösstenteils Bilder Todds, die in den letzten zwei Jahren entstanden sind. Im Hinblick auf die Ausstellung in Glarus hat der Künstler jedoch eine ganz neue Werkserie geschaffen, die auf topographische und geschichtliche Gegebenheiten des Glarnerlandes Bezug nimmt und die durch zwei grossformatige Werke, im Kunsthaus selbst gemalte Bilder, ergänzt wird.

Hans Conrad Escher von der Linth > Panoramen

Als typischer Vertreter der Aufklärung des ausgehenden 18. Jahrhunderts war Hans Conrad Escher von der Linth (1767-1823) einer der letzten Universalgelehrten der Schweiz. Er wirkte als Staatsmann, als Wissenschaftler und Lehrer, als Kaufmann und Wasserbaumeister. Als Initiant des Linthwerks ging er in die Geschichte ein. Unerkannt blieb bis in die 70er Jahre unseres Jahrhunderts jedoch sein Talent als Zeichner und Aquarellist: Zwischen 1780 und 1822 hielt Escher seine geologischen Untersuchungen der Schweiz in über 1000 Gebirgsansichten fest, ohne dabei jedoch künstlerische Absichten zu hegen. Er stellte als einer der ersten die Alpen in grossformatigen, bis zu 4 Meter breiten Panoramen dar. Als Ausblick auf den Werkkatalog des graphischen Werks Eschers, der im Herbst 2002 erscheinen wird, zeigt das Kunsthaus Glarus eine Auswahl an Glarner Ansichten und Panoramen dieses lange Zeit unbeachtet gebliebenen Lebenswerks.

Gewittersturm auf der Alp. Graeme Todds Lieblingsbilder aus der Sammlung des Glarner Kunstvereins

Als Ergänzung und kunsthistorische Brücke zwischen den Zeichnungen und Aquarellen Eschers aus dem frühen 19. Jahrhundert und den zeitgenössischen Raumdarstellungen Graeme Todds, wird in Zusammenarbeit mit dem Künstler eine Auswahl an Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung des Glarner Kunstvereins präsentiert. Die Zusammenstellung von Werken aus drei verschiedenen Epochen, die zwar parallel, aber doch als autonome Ausstellungen gezeigt werden und sich alle – im engeren und weiteren Sinne – dem Thema der Landschaft widmen, wird besonders der Arbeitsweise des zeitgenössischen Malers gerecht: Er bedient sich selber oft und gerne im Fundus der Kunstgeschichte.

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