22.8. – 14.11.2004
Daniel Robert Hunziker There’s no Other World out There… There’s Just This One
Daniel Robert Hunziker (*1965 in Walenstadt, lebt und arbeitet in Zürich) hat sich in der Schweizer Kunstszene seit Mitte der 90er Jahre mit subtilen Raumeingriffen und architektonisch geprägten Installationen einen Namen gemacht. Das Kunsthaus Glarus präsentiert nun die bisher wichtigste Einzelausstellung von Daniel Robert Hunziker, für welche er zwei neue Installationen geschaffen hat.
Die Arbeiten Daniel Robert Hunzikers entstehen in der Auseinandersetzung mit Raum und architektonischen Strukturen. Mit geschärftem Blick streift er durch urbane und periphere Gebiete, auf der Suche nach dem Alltäglichen und doch Ungewohnten. Seine Aufmerksamkeit gilt dabei nicht den historisch wichtigen, von Architekten signierten Bauten, sondern vielmehr den anonymen Zweckbauten, die nach den Grundsätzen des pragmatischen, ökonomischen Bauens entstanden sind. Oft sind es allerdings auch die unscheinbaren Details – seltsame, hybride, temporäre bauliche Eingriffe im öffentlichen Raum –, deren Zweck nicht zwingend erkennbar ist, die den Künstler am meisten interessieren. Was wir in unserem Alltag ausblenden, weil es uns zu unwichtig oder zu unästhetisch erscheint, schenkt Hunziker am meisten Beachtung. Exemplarisch dafür stehen die zwei Fotos, Narbonner Nische (I + II, 2004), welche für die Einladungskarte verwendet wurden. Darauf ist eine improvisierte Rampe zu sehen, die eingepfercht zwischen Kathedrale, historischem Gemäuer und provisorischer Bauverschalung ins Nichts führt.
Daniel Robert Hunzikers frühere Arbeiten waren meist präzise architektonische Eingriffe in einen bestehenden Raum, die sich des Vokabulars der Minimal Art bedienten. Trotz ihrer beeindruckenden Dimensionen waren gewisse Eingriffe so subtil, dass der Betrachter die architektonischen Elemente erst auf den zweiten Blick als Kunst identifizieren konnte. Als Beispiel dafür sei die bis ins letzte Detail exakte Duplizierung der Aussenwand einer Galerie genannt, die der Künstler im Innern reproduziert hatte (Second, 1999). Seit einigen Jahren ist Hunzikers Arbeit – sowohl inhaltlich als auch formal – freier und auch erzählerischer geworden. Zwar bedient er sich auch heute noch der marktüblichen Industriematerialien (wie Pressspanplatten, Metallrohre, Maschendraht etc.) und modularen Systemen aus dem Baumarkt, verwendet diese jedoch «artfremder» als zuvor. Er schafft damit Objekte, die zeitweise nicht-funktionale Möbelobjekte oder Informationstafeln aus dem öffentlichen Raum evozieren oder transferiert Elemente «gefundener (Innen-) Architektur» in den Ausstellungsraum.
Im Kunsthaus Glarus präsentiert der Künstler im grossen Oberlichtsaal einen im Verhältnis 1:1 nachgebauten Hauseingang, dessen Original in der Stadt Zürich zu finden ist. Das Haus wurde in der Gründerzeit erbaut, in den 70er Jahren aber nach den damaligen Kriterien von «Zweckmässigkeit» und «Modernität» umgebaut. In dieser Eingangsituation mit Treppenhaus, die der Künstler aus seinem urbanen und architektonischen Kontext isoliert und als temporäres, architektonisches Fragment in den Kunstraum holt, treffen zwei sehr unterschiedliche Baustile aufeinander. Diese sprechen nicht nur eine ganz andere Formensprache, sondern beinhalten auch gegensätzliche Lebensgestaltungskonzepte. Der Hauseingang ist also unter anderem deshalb für den Künstler übersetzungswürdig, weil er aus der Verbindung der ursprünglichen, liebevollen Jugendstildetails und der pragmatisch kühlen Elementen der Spätmoderne (und somit einer zur reinen Zweckorientierung korrumpierten Moderne) resultiert. Der Innenausbau des Eingangs nimmt zudem den Dialog mit der Architektur des Kunsthaus Glarus auf, welches 1952 nach modernen Grundsätzen erbaut worden ist, aber doch gewisse Kompromisse bezüglich einer konventionellen Bautradition eingeht (siehe z.B. die verglasten Satteldächer). Atmosphärisch steht der von Leuzinger realisierte Bau zwischen den beiden Doktrinen, welche sich im Hauseingang manifestieren.
Geht die Arbeit im Oberlichtsaal von einer gefunden städtischen Alltagssituation aus, erschafft Daniel Robert Hunziker für den Seitenlichtsaal eine Landschaftsszenerie. Allerdings handelt es sich dabei um eine stark stilisierte Landschaft, deren aus dreieckigen Elementen strukturierte Fläche in ihrer Erscheinungsform an die «gerenderten» Oberflächen aus Computergrafiken erinnert. Die minimale Darstellungsform dessen, was in Form und Farbigkeit wohl am ehesten an Felswände oder Gestein erinnert, zeigt, dass Daniel Robert Hunzikers Interesse keinesfalls in einer realistischen Naturdarstellung liegen kann. «Natur» wird nur angedeutet und interessiert den Künstler an ihren Rändern, an ihrer Schnittstelle zur «Kultur»; also dort, wo Menschen beginnen in die Natur einzugreifen, sie zu massregeln, zu bändigen oder für sich selber nutzbar zu machen. Diese Schnittstelle wird hier von einer geschwungenen Balustrade und einem Maschendrahtzaun repräsentiert, welche unmissverständlich signalisieren, dass die bis zur Decke hinaufragende Berglandschaft selbst nicht betretbar ist. Der Seitenlichtsaal wird somit in drei Sektoren unterteilt: einen für den Betrachter betretbaren, einen sichtbaren, aber nicht betretbaren und einen unsichtbaren (oder besser: einen nur von aussen sichtbaren) Teil. Schaut man vom Volksgarten aus in den hinteren Teil des Saales, bekommt man die Rückseite der Szenerie zu sehen, welche – wie meist in Hunzikers Arbeiten – die Prinzipien der Konstruktion bewusst offen legt.