16.5. – 1.8.2004
Bettina Graf Toucanart
Bettina Graf (*1977 in Winterthur, lebt und arbeitet in Zürich) sammelt Supermarktbilder und setzt diese kleinformatigen, in Massenproduktion gefertigten Landschaftsmalereien in grosse Ölgemälde um. Sie übersteigert die als Kitsch verpönten Bilder in ihrer Umsetzung ein weiteres Mal durch exzessive Farbigkeit und durch die Pastosität des Farbauftrags. Das Kunsthaus Glarus zeigt die Bilder der jungen Künstlerin, die 2002 ihre Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste in Wien abgeschlossen hat, zum ersten Mal im Rahmen einer institutionellen Ausstellung.
Bettina Graf malt nicht nach der Natur, sondern malt ein Bild eines Bildes, das sich den Anschein eines künstlerischen Werkes zu geben scheint. Sie sagt dazu: «Ein Gemälde besitzt naturalistische oder abstrakte Qualitäten, nur die Wirklichkeit hat reale Qualitäten. Je naturalistischer ein Gemälde wirkt, desto präziser entspricht die malerische Umsetzung der realen Dingwelt. Das in Asien hergestellte Landschaftsbild wird von mir nur deshalb naturalistisch wiedergegeben, weil ich es als realen Gegenstand erworben habe und es somit in die reale Dingwelt eingeteilt werden kann – die Wiedergabe ist ein Bild eines Gegenstandes, ein Bild eines Bildes. Es hat sich von der reellen Natur gelöst, beinhaltet aber meine Erinnerungen an die wirkliche Natur.»
Der serielle Herstellungsprozess (sie werden meist von mehreren Malern in einem Billiglohnland produziert) und die stereotypen Motive entlarven Bettina Grafs Bildquellen als kommerzielles Produkt. Kitsch – als Abbild einer illusionären Welt, in der Gefühle vorgetäuscht werden, unecht oder aus zweiter Hand sind – wird von der Künstlerin auch als Ausdruck von Sehnsüchten einer Gesellschaft verstanden. So steht hinter ihrem konzeptuellen, ironischen Spiel denn auch die Frage danach, wie ein perfektes Sehnsuchtsbild auszusehen habe. Die Tatsache, dass Sehnsuchtsbilder oft Bilder von unberührter Natur oder von romantisch erhabenen Naturszenerien handeln, wirft Fragen auf. Ist für einen Kunstlaien das «Bild an sich» immer ein Landschaftsbild? Gibt es so etwas wie archetypische Landschaftskomposi-tionen? Lassen sich unter Umständen sogar kunstgeschichtliche Parallelen mit Kompositionen der Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts finden? Und was bringt Menschen überhaupt dazu, gemalte Bilder besitzen zu wollen, wenn es ihnen doch nicht a priori um Kunst geht?