1.11. – 19.11.2006
Value Inventar #1
Ein Experiment zur Präsentation von Kunstwerken aus der Sammlung des Glarner Kunstvereins
Die Ausstellung Inventar #1 ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Präsentation von Kunstwerken. Christoph Lang und Stephan Meylan, zwei Künstler / Kuratoren / Szenografen, die unter dem Namen value zusammenarbeiten, setzen Werke der Sammlung des Glarner Kunstvereins installativ und experimentell in Szene. Die Installation im Kunsthaus Glarus ist die erste Versuchsstation eines weiterführenden und interregionalen Projekts von value, das sich mit Sammlungen von Kunstmuseen in peripheren Gebieten der Schweiz auseinandersetzt.
Im Projekt Inventar #1 interessiert sich value vor allem für Bilder, die das Verhältnis von Malern zu ihrer eigenen Arbeitssituation im Atelier thematisieren. Das Maleratelier wird hier als eine visionäre Kammer verstanden, die im Kontrast zum Arbeitsfeld im Freien steht. Selbstporträts, in welchen sich die Künstler in ihrem Arbeitsraum abbilden und bei welchen die dargestellten Interieurs meist eine wesentliche kompositorische Rolle spielen, dienen als Ausgangslage für die Rauminstallationen in den zwei Sammlungsräumen des Kunsthaus Glarus. Im Zentrum der Auseinandersetzung des Projektes Inventar #1 stehen also Fragen nach Herstellungsprozessen und künstlerischen Verfahren, welche zum vollendeten Werk führen.
Im ersten Raum der beiden Schneelisäle im UG, werden die Selbstporträts der Maler Paul Basilius Barth, Hans Berger, Johann Peter Flück und Wilhelm Gimmi präsentiert, welche sich selbst in ihren Ateliers zeigen. Die Atelieratmosphäre wird hier auch räumlich mit installativen Elementen angedeutet. Demgegenüber wird eine Landschaftsansicht des Klöntals projiziert; der gemalte Innenraum des Künstlerateliers, in dem Bilder einer Aussenwelt geschaffen werden, trifft hier also auf die mittels Lichtbild projizierte «reale Welt».
Um in den zweiten Saal zu gelangen, muss der Betracher/die Betrachterin durch die grosse Landschafts-Projektion hindurchgehen. In diesem Raum werden nun Landschaftsbilder von Arnold und Johann Gottfried Steffan, Balz Stäger und Jakob Hoffmann gezeigt, welche auf Malerstaffeleien in der Art eines Panoramas angeordnet sind. Eigentlich gehörten die mit opulenten goldenen Rahmen versehenen Werke an die Wand; hier werden sie jedoch mit Ironie so präsentiert wie man ihnen im Laufe des Entstehungsprozesse, im Künstleratelier begegnen könnte. Während die vollendeten Kunstwerke auf Staffeleien im Raum stehen, werden J. G. Steffans vorbereitende Landschaftsskizzen, die im Gegensatz zu den Ölgemälden tatsächlich in der freien Natur entstanden sind, an der Wand präsentiert.
So befragt die Inszenierung nicht zuletzt den Zusammenhang zwischen dem Ort des Skizzierens in der realen Landschaft und dem Malen im Atelier, wie es im 19. Jahrhundert bis zum Aufkommen der Schule von Barbizon und den Impressionisten Gang und Gäbe war.
Inventar #1 spielt – mittels der Auswahl der Werke und ihrer Inszenierung – auf unterschiedliche «Kunsträume» und deren Funktionen an und stellt damit den sonst meist unsichtbaren Zusammenhang zwischen dem Ort der Herstellung und dem Ort der Präsentation eines Kunstwerkes dar: das Atelier, als Ort der Produktion, der Ausstellungsraum, als Ort der Wahrnehmung, und das Magazin, als Ort der Aufbewahrung. Letzteres wird eindrücklich erlebbar durch ein eigens dafür in der Türe eingelassenes Fenster, welches den Einblick in einen der Lagerräume und auf das grosses Selbstbildnis des Glarner Künstlers Jakob Wäch (um 1917) erlaubt.