2.3. – 1.6.2008
Urs Lüthi Werke aus der Sammlung des Glarner Kunstvereins und einer Glarner Privatsammlung
Urs Lüthi (*1947, lebt und arbeitet in München) wurde mit seinen fotografisch festgehaltenen Selbstinszenierungen der 1970er Jahren zur Künstlerlegende und prägte mehrere Generationen von Kunstschaffenden, die ihre eigene Person zum Bildgegenstand erklärten. In dem von der Body Art geprägten Jahrzehnt inszenierte Urs Lüthi in Schwarz-Weiss-Fotografien seinen Körper und stellte seine Person schonungslos zur Schau. Als schöner, androgyner Jüngling setzte er sich teils in exhibitionistischen, teils in grotesk ironisierenden Posen in Szene und konfrontierte den Betrachter mit seinem direkt auf ihn gerichteten Blick. Lüthi stand für eine künstlerische Haltung, welche sich von einer Kunst distanzierte, die ihre Entpersönlichung forderte – die Loslösung der Kunst von jeglichen erzählerischen, alltäglichen oder biografischen Elementen – wie es beispielsweise die Minimal Art tat. Gleichzeitig trat Lüthi nicht eigentlich als Privatperson auf, sondern stilisierte sich selbst zum Stellvertreter, mit dem er Gefühle, Ängste und Sehnsüchte darstellen konnte. Aus dieser Werkphase werden im grossen Oberlichtsaal des Kunsthauses zwei Arbeiten gezeigt, darunter Selfportrait Santa Barbara («The sun shines also in America»), 1977. Die installative Arbeit Ein Raum für Glarus, 1990/91, stammt aus einer anderen Werkphase. Nachdem sich Lüthi während vieler Jahre ganz der Malerei zugewandt hatte, tauchten seit dem Ende der 1980er Jahre erneut Selbstporträts in seinen Werken auf. Im Gegensatz zu seiner starken körperlichen Präsenz in den früheren Werken, erfährt die Künstlerpersona hier allerdings eine weitere Stilisierung. Urs Lüthis Bildnis taucht, mit gealterten Zügen, als ein in Bronze gegossener Kopf, in Form von Skulpturen oder von fotografischen Abbildungen in seinen Werken auf. Dieser zusätzliche Übersetzungsschritt macht deutlich, dass der Künstler an sich selbst eine Typisierung vollzieht, welche sein Porträt zum Spiegel für jedermann werden lässt. Die Werke aus diesen Jahren stehen unter dem Thema Universelle Ordnung. Das Verspielte, Ironische in seiner Arbeit weicht hier einer Strenge, die sich in der präzisen räumlichen Anordnung, in der formalen Reduktion und in der Konzentration auf wenige wiederkehrende Bildmotive manifestiert. In der Rauminstallation, die Lüthi für Glarus konzipiert hat, schaut der Bronzekopf auf vier geätzte Glassscheiben, auf denen die Erde (als Weltkarte) sowie Planzeichnungen zu sehen sind, welche als Ordnung des Universums verstanden werden könnten: eine Gegenüberstellung, die das Spannungfeld zwischen Individuum und Universellem, zwischen dem (unpersönlich) Persönlichen und Allgemeinen skizziert. An der Rückwand, sozusagen in Nacken des Kopfes, hängt ein Bilderblock von 100 kolorierten Schwarz-Weiss- Fotografien, in denen sich die Polarität von Subjektivität und Objektivität in sämtlichen Bildmotiven wieder findet. «Meine Werke entstehen aus ‹meiner› Realität. Ich versuche zwischen mir und meinen Werken grösstmögliche Distanz zu wahren, um gleichzeitig ganz nah bei mir zu sein. Vielleicht ist das die wirkliche Ambivalenz...» (Urs Lüthi im Gespräch mit Rainer Michael Mason, Musée Rath, 2002) Es freut uns, dass sich die Ausstellung von Urs Lüthi, ursprünglich als reine Sammlungspräsentation geplant, durch seine persönliche Beteiligung an der Ausstellungskonzeption, sowie seine grosszügige Schenkung einer 24-teiligen druckgrafischen Arbeit beinahe zu einer kleinen monografischen Ausstellung entwickelt hat.